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– = +
Ideen für ein Umdenken

25.07. – 18.10.2020

Klimawandel, Artensterben, Corona-Krise – es gibt viele Gründe für einen Kurswechsel des „Raumschiffs Erde“ (Buckminster Fuller, 1968) in Richtung Postwachstumsgesellschaft.

Mit – = + bietet der Kasseler Kunstverein künstlerischen Positionen eine Plattform, die diesen Wandel reflektiert: Lässt sich in der Kunst eine Sprache für ein Umdenken entwickeln? Wie stellt sich Kunst auf die Krisen der Gegenwart ein?

Essenzielles Element der Theorien zur Wachstumskritik sind lokale Strukturen, die weniger Ressourcen verbrauchen und ein nachhaltigeres Wirtschaften ermöglichen. In diesem Sinne setzt die Ausstellungsreihe auf eine Zusammenarbeit mit Künstler*innen aus Kassel. Architektonisch wird die Idee des „Weniger ist schön“ (Ernst Friedrich Schumacher: "small is beautiful" 1973) in einer Raum-im-Raum Situation abgebildet, die vorhandene Materialien nutzt und die Ausstellungsfläche verkleinert: Mehrwert durch Reduktion – der Raum als Übungsgelände und Schau-Platz der Postwachstumsästhetik. 

 

25.07.- 16.08.
Helena Schätzle / Sudharak Olwe

Die Fotografie ermöglicht Helena Schätzle (*1983), von der Welt zu lernen, Blickwinkel einzunehmen und sich in Situationen zu begeben, die den meisten Menschen verborgen bleiben. Fotografie ist  für sie der Versuch dazu beizutragen, dieselben Rechte universell für alle Menschen umzusetzen. 
Seit Jahren unternimmt sie dafür ausgedehnte Reisen in verschiedene Länder, wo sie über längere Zeiträume hinweg lebt und intensiv an sozial kritischen Themen arbeitet. Helena Schätzles Arbeiten werden international ausgestellt und wurden vielfach ausgezeichnet.
www.helenaschaetzle.de

Sudharak Olwe ist seit 1988 Fotojournalist in Mumbai und hat als Pressefotograf bei einigen der führenden Zeitungen Indiens gearbeitet. Sudharak bereiste ganz Indien und dokumentierte dabei unglaubliche Geschichten von Not, Widerstand Veränderung. Sein Augenmerk gilt der marginalisierten Bevölkerung, die er versucht würdevoll zu begleiten, um ihnen eine repräsentative Plattform zu bieten. Dafür arbeitet er viel mit Menschenrechtsorganisationen zusammen. Sudharaks Arbeiten wurden national und international ausgestellt und er erhielt mehrere Preise, unter anderem wurde er 2016 vom indischen Präsidenten mit dem Padma Shri, Indiens vierthöchstem Zivilpreis, ausgezeichnet. Sudharaks Fotografie ist die der Empathie. Es ist eine Reise in die unsichtbare Perspektive des menschlichen Zustands. Seine Fotografie überwindet alle Grenzen und präsentiert bewegende Geschichten von Individuen und Gemeinschaften.
https://www.sudharakolwe.com/index.html

 

22.08. – 06.09.
Echo Can Luo / martinafischer13

Echo Can Luo ist im Jahr 1988 in China geboren. Von 2006 bis 2010 studierte Luo Multimedia Design an der China Academy of Art. Luo erhielt 2018 ihren Master an der Kunsthochschule Kassel und wurde Meisterschülerin bei Prof. Joel Baumann.

Basierend auf den Algorithmen, einschließlich 3D-Modellierung, 3D-Photogrammetrie und Gesichtsverfolgung, zielt ihr Projekt darauf ab, den voreingenommenen und differenzierten Algorithmus beim Anwenden und Testen der Software bzw. des Einflusses von Diskriminierung und Voreingenommenheit auf reale Situationen und Daten. Sie hat an Monitoring, dem 34. Kassel Dokfest teilgenommen und ihre Arbeiten an der CAA Kunst-Museum in Hangzhou China, Panke Gallery Berlin, Kunstraum Villa Friede Bonn, MdbK Leipzig, Der REAKTOR Wien und anderen Orten gezeigt.

Im Kasseler Kunstverein zeigt sie die 3-Kanal Videoinstallation „Chocho studio reshaping the face“ aus dem Jahr 2020.

www.echocanluo.com

martinafischer13
http://www.martinafischer13.de
 

12.09. – 27.09.
Lisa Dreykluft / Holger Jenss

Lisa Dreykluft studierte Bildende Kunst an der Kunsthochschule Kassel und der Bath School of Art and Design, Vereinigtes Königreich. 

INVOCATION OF DEAD ASSETS (2020) 
3-Kanalvideoinstallation, Objekte aus Styropor und Latex, Publikation, Druck auf Fahnenstoff

Die Arbeit Invocation of Dead Assets beschäftigt sich mit gefundenem Videomaterial: In einer bestimmten Nische von YouTube zirkuliert eine rätselhafte Art von Videos. Diese zeigen Geister, Hexen, Dämonen, extraterrestrische und paranormale Begegnungen. Eine Reihe von Merkmalen deutet darauf hin, dass die Aufnahmen spontan oder zufällig entstanden sind: Das Bild ist verwackelt, die Auflösung gering und die Tonqualität eher schlecht. Aufgenommen wurden die Clips mit Handykameras, Camcordern, Dashcams oder Überwachungskameras. Dabei verlieren sich die übernatürlichen Subjekte teils als winzig kleine Pixelflecken im Sichtfeld des CCTV. 
Tatsächlich scheint die Unkenntlichkeit eines der wichtigsten Indizien für die ‚Echtheit‘ der Bilder zu sein. Je weniger zu sehen ist, desto näher liegt die Vermutung, dass dort etwas Unheimliches vor sich geht. Etwas, das sich nur schwer mit der Handykamera einfangen lässt. Dass die geisterhaften Aufnahmen faszinieren, beruht auf der Möglichkeit ihrer Authentizität. Die Beiläufigkeit, die Unschärfe, die Bildqualität der Consumer Technologie, die austauschbaren Orte - all diese Elemente tragen bei zur Behauptung, die Videos seien dokumentarischer Art.

Im Rahmen der zugehörigen Publikation beschreibt Lisa Dreykluft dieses Phänomen der Unkenntlichkeit und untersucht die gefundenen Videos in Bezug auf das Filmgenre Found-Footage-Horror, Berichte von Geistererscheinungen im Kontext neuer Technologien, Ideen von Heimsuchung und Anrufung sowie die Figur der Hexe. Sie formuliert außerdem eine Theorie über den Ursprung der paranormalen Wesen im sogenannten „toten Kapital“, das so bezeichnet wird, weil es keine Rendite abwirft.

www.lisa-dreykluft.de/


Holger Jenss studierte Theater- Film- und Medienwissenschaft an der Uni Wien und Visuelle Kommunikation an der Kunsthochschule Kassel.
Er arbeitet mit den Medien Fotografie, Film und Sound. 

Schwerpunkte seiner Forschung und Arbeit liegen auf der Auseinandersetzung mit normativen Bildwelten, sowie auf der Frage, wie subkulturelle und Mainstream Kontexte sich durch visuelle Codes und deren Übertragungen konstruieren, und auf postkolonialen Perspektiven im Hinblick auf Fotografie und Popkultur. Er zeigt seine Arbeiten in Ausstellungen und Filmscreenings. 

In der Arbeit „Recent Items“ befragt Holger Jenss anhand eines persönlichen Archivs eigene jugendliche Vorstellungen einer Kultur und Gesellschaft und untersucht die Konstruktion und Aneignung subkultureller Codes und Bildsprachen.

Den Bildfundus eines lange zurückliegenden USA-Aufenthaltes sowie weitere biographische Elemente nutzend, reflektiert er in diesem Zusammenhang auch das eigene Verhalten in Bezug auf kulturelle Identifikation und ein deutsches (Selbst-)Verständnis.
 

03.10. – 18.10.
Romina Abate / Mike Huntemann

Romina Abate
Drehen auf der Stelle

zur Werkgruppe „Das Meer der Hunderttausend Inseln“ gehörend


In der Seefahrt bezeichnet das „Drehen auf der Stelle“ eines von verschiedenen möglichen Schiffsmanövern, bei welchem eine Kurs- und/oder Geschwindigkeitsänderung eines oder mehrerer Schiffe unter ungünstigen geographischen, meteorologischen, hydrologischen sowie verkehrstechnischen Bedingungen vorgenommen wird. Die Manövriertätigkeit ist assoziative und metaphorische Annäherung an die Thematik des Kurswechsels, des Wandels und des Um/Denkens. Das Drehmoment wird als räumlich-zeitlicher Kulminationspunkt der Zustandsveränderung und Vorwärts/Bewegung mit offenem Ausgang begriffen. Dabei wird das Potenzial des Verweilens im Manöver und der Des/Orientierung befragt. Der „Wandel“ formuliert sich als künstlerische Suchbewegung, die mehrdimensionale und non-lineare „Werke“ als Versuchsanordnungen im Raum hervorbringt.
Assoziative Verknüpfung findet sich zum Motiv des Papageis: Papageien, die einst als exotische, lebendige Fracht per Schiff nach Europa kamen, sind heute in deutschen Wohnzimmern, in für sie entworfenen Vogelhäusern, heimisch. Bei Papageien die in Gefangenschaft leben, wurde die sogenannte „Taumelkrankheit“ beobachtet, auch als „Drehschwindel“ bekannt, eine Nervenerkrankung die eintritt, wenn Käfige nicht die richtige Größe oder Form aufweisen. Sie äußert sich in unkontrollierten Drehbewegungen des Kopfes mit der Folge der Orientierungslosigkeit des Tieres. (...)

Romina Abate kombiniert verschiedene Medien wie Zeichnung, Fotografie, Video und Performance zu skulpturalen Arrangements und Installationen. In ihren Arbeiten untersucht sie Assoziations,- und Verweisebenen zwischen Sprache, Bild, Objekt und Raum sowie damit einhergehende Bedeutungs- und Kontextverschiebungen. Fundstücke sowie Abbildungen und Begriffe aus Lexika bilden mehrdeutige, poetische und fragmentarische Erzählungen. Die Werke, Versuchsaufbauten ähnlich, befragen gewohnte Darstellungs- und Re/Präsentationsmodi sowie Produktions- und Rezeptionsweisen installativer Kunst und entwerfen eigene Ordnungs- und Referenzsysteme.

Romina Abate, geboren 1982 am Bodensee, studierte an der Kunsthochschule Kassel Bildende Kunst bei Prof.in Dorothee von Windheim, Prof. Christian Philipp Müller und Prof. Florian Slotawa, dessen Meisterschülerin sie 2014 war. Sie erhielt zahlreiche Stipendien im In- und Ausland, zuletzt das zweijährige Georg-Meistermann-Stipendium des Cusanuswerks. Derzeit arbeitet sie als Künstlerische Mitarbeiterin an der Kunsthochschule Kassel in der Klasse für Kunst im zeitgenössischen Kontext.

http://www.romina-abate.de/

 

Mike Huntemann
Real-Time Propaganda (2015)

Die Arbeit “Real-Time Propaganda” fasst fünf massenmediale Ereignisse der Nachrichtenlandschaft der letzten zwei Jahre automatisiert zusammen.

Auf der Suche nach Youtube-Videos zu den fünf Themen NSA, Ebola, Charlie Hebdo, Germanwings Absturz und MH370 greift ein Algorithmus auf die Technik der automatisierten Spracherkennung zurück – eine Technologie, mit der große Internetkonzerne und Geheimdienste die in der Masse verfügbaren Inhalte automatisiert analysieren, klassifizieren und filtern.

In einem 13-minütigen Loop werden die so gefundenen Videoausschnitte von einem Algorithmus dramaturgisch entsprechend der für Massenmedien typische Trendkurve auf die Videokanäle verteilt.

Durch die asymmetrische Verteilung der Monitor-Lautsprecher-Paare in der mehrkanaligen Installation kann der Betrachter seinen Blick nicht fokussieren, sondern wird durch den dadurch entstehenden Surround Sound dazu verleitet, seinen Blickwinkel stetig zu verändern.

Mike Huntemann (*1992) ist Medienkünstler und Researcher aus Kassel.

In seiner künstlerischen Praxis forscht er zur Produktion und Verbreitung von nutzergenerierten Inhalten auf Social Media Plattformen, untersucht Internetstrukturen zum Thema Privatsphäre und Überwachung und entwickelt Installationen zu algorithmischen Entscheidungsprozesse. 

Für seine Videoarbeiten benutzt er Software-Tools, um Found-Footage Material automatisiert aufzuspüren, zu kategorisieren und zusammenzusetzen.

Mike Huntemann studierte bis 2019 Neue Medien an der Kunsthochschule Kassel und setzt dort seine Arbeit als künstlerischer Mitarbeiter zu dezentralen Netzwerken und Kryptowährungen fort. 

Foto: Mike Huntemann, real time propaganda, (c)Nicolas Wefers

@mikehuntemann

 

25.07. - 18.10.
Sarah Metz / Janosch Feiertag


Sarah Metz ist Produktdesignerin und engagiert sich in Kunstvermittlung und sozialer Gestaltung.
Janosch Feiertag ist freier Künstler, Illustrator und Galerist.
Gemeinsam organisieren sie Ausstellungen, Konzerte, Currywurstbuden und Aktionen im öffentlichen Raum. Gerade eröffnen sie eine offene Druckwerkstatt in Kassels Mitte.

 

KKV_PODCAST
Helena Schätzles einleitende Worte zur Eröffnung der Ausstellung
Sarah Metz und Janosch Feiertag
Niko Paech - Postwachstumsökonomie!?
Lisa Dreykluft - Incocation of dead Assets