Monitoring – Ausstellung für Medieninstallationen
Eröffnung am 13. November um 20:00 Uhr im KulturBahnhof, Südflügel
Die Ausstellung Monitoring des 36. Kasseler Dokumentarfilm- und Videofestes präsentiert 20 Medieninstallationen von internationalen Künstler/innen, die aus über 300 Einreichungen ausgewählt wurden. Mit Monitoring erweitert sich der kinematografische Raum des Festivals um Arbeiten, die über die herkömmliche Präsentationsform der Kinoleinwand hinausgehen. Ausstellungsorte sind der Kasseler Kunstverein, der Südflügel, das Stellwerk und der Glaskasten neben dem Reisezentrum im KulturBahnhof Kassel sowie die Treppe 4. Monitoring findet in Kooperation mit dem Kasseler Kunstverein und dem Stellwerk statt.
Die 20 Arbeiten konkurrieren um den mit 3.500 Euro dotierten Golden Cube, gestiftet von dem Kasseler Softwareunternehmen Micromata GmbH.
Die diesjährige Ausstellung untersucht im Kasseler Kunstverein unter anderem Strukturen von Macht und Ausschluss, Ordnung als soziales und ästhetisches Prinzip und damit verbunden die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen künstlerischer Strategien: Wie können historisch besetzte Bilder genutzt werden um neue Zusammenhänge zu erzählen? Wie setzen wir uns visuell mit ideologischen Konstrukten, wie dem der nationalen Identität, auseinander? Wie erzählen wir von dem, was sich einer Bildhaftigkeit entzieht? Und wie können verborgene oder marginalisierte Perspektiven durch künstlerische Prozesse sichtbar gemacht werden?
Durch die Auseinandersetzung mit Archiven, Technologien und Praktiken ästhetischer Normierung, und auf den Spuren gewaltvoller Rhetoriken, nähern sich die Installationen auf unterschiedliche Weise diesen Fragestellungen.
Immer mehr Menschen verdienen ihr Geld damit, Inhalte zu generieren. Die Ausstellung im KulturBahnhof beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit dem Begriff der Arbeit und seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen. In welchen ökonomischen Systemen bewegen wir uns? Ob Marktwirtschaft oder Aufmerksamkeits-Ökonomie, Sex-Arbeit oder Kunsthandel – Arbeit steht in einem engen Verhältnis zum Begriff der Identität, aber auch zu Begehren und Konsum, dem zeitgenössischen Kult um Oberflächen, Objekte und Personen.
// MONITORING auf einen Blick //
13. – 17. November 2019
Eröffnung am 13. November um 20:00 Uhr im KulturBahnhof, Südflügel
ÖFFNUNGSZEITEN
Mittwoch, 13.11. 20:00 – 23:00 Uhr
Donnerstag, 14.11. - Samstag, 16.11. 15:00 – 22:00 Uhr
Sonntag, 17.11. 12:00 – 20:00 Uhr
KASSELER KUNSTVEREIN | Fridericianum, Friedrichsplatz 18
Ulf Aminde: Körper Theorie Poetik, Berlin (Deutschland) 2018
Elko Braas: Try Keeping It Balanced, Kassel (Deutschland) 2019
Cihad Caner: Demonst(e)rating the Untamable Monster, Rotterdam (Niederlande) 2019
Kapwani Kiwanga: The Secretary’s Suite, Paris (Frankreich), New York (USA), 2016
Paulette Phillips: The Quoddy Fold, West Quoddy, Nova Scotia, Toronto (Kanada) 2019
Kristin Reiman: The Drowse (or the Age of Constant Fatigue), Frankfurt am Main (Deutschland) 2019
Silke Schönfeld: Ein Prozent – Imagined Communities, Dortmund, Halle (Deutschland) 2019
Clarissa Thieme: Can't you see them? – Repeat., Sarajevo (Bosnien und Herzegowina), Berlin (Deutschland) 1992 / 2019
Dagmar Weiß: Buxus, Schöppingen, Berlin (Deutschland) 2019
KULTURBAHNHOF KASSEL | Glaskasten neben dem Reisezentrum
Clara Winter: Der Adler ist ein mächtiges Tier, Mexiko-Stadt (Mexiko), Leipzig (Deutschland) 2019
KULTURBAHNHOF KASSEL | Stellwerk
Mark Oliver: "Elvis: Strung Out", Vancouver (Kanada) 2018
KULTURBAHNHOF KASSEL | Südflügel
Veneta Androva: From My Desert, Berlin (Deutschland) 2019
Kim Kielhofner: Whose Language You Don't Understand, Montreal (Kanada), Wien (Österreich) 2018
Malin Kuht: OFFREAL, Kassel (Deutschland) 2019
NEOZOON: FragMANts, Dresden (Deutschland) 2019
Jan Peters: 30 Jahre, aber den Sinn des Lebens habe ich immer noch nicht rausgefunden, Hamburg, Berlin (Deutschland), Paris (Frankreich), Genf (Schweiz) 2019
Catharina Szonn: Flexible Erwartungsauffälligkeit, Frankfurt am Main (Deutschland) 2018
Taietzel Ticalos: While the Future Unfolds, Bukarest (Rumänien) 2018
Guanyu Xu: Complex Formation, Peking (China), Chicago (USA) 2019
TREPPE 4 | Haus der Sozialwirtschaft, Treppenstraße 4
Luna Hirt, Stefan Kreller und Jan Reuter: Erscanne dich selbst 2.0, Kassel (Deutschland) 2019
KÜNSTLER/INNENGESPRÄCHE
Donnerstag den 14.11 um 16:30 Uhr im Kasseler Kunstverein
what’s wrong with the art world and how to fix it – Künstlerische Produktion und Soziale Standards am Beispiel Kanada. Diskussion (in Englisch) mit Lauren Howes, Kim Kielhofner, Mark Oliver, Paulette Phillips und Wanda vanderStoop, moderiert von Anna-Lisa Scherfose.
Samstag den 16.11 um 18:30 Uhr im KulturBahnhof, Südflügel
interfiction@Monitoring: Im Rahmen der interdisziplinären Workshop-Tagung für Kunst, Medien und Netzkultur spricht Malin Kuht über ihre Arbeit OFFREAL.
ÖFFENTLICHE RUNDGÄNGE | VERMITTLUNGSPROGRAMM
Freitag den 15.11. um 17:00 Uhr, KulturBahnhof, Südflügel
Samstag den 16.11. um 15:00 Uhr, Kasseler Kunstverein
Eine Voranmeldung ist nicht notwendig. Der Eintritt zu den Ausstellungsorten sowie die Teilnahme am Vermittlungsprogramm sind kostenlos.
Ein ausführlicher Programmkatalog steht online bereit
Foto: Luna Hirt, Stefan Kreller und Jan Reuter
An zwei Haupt- und drei Einzelstandorten, vom KulturBahnhof über die Treppe 4 in der Treppenstraße zum Fridericianum, zeigt Monitoring in diesem Jahr zwanzig Arbeiten internationaler Medienkünstler/innen mit unterschiedlichen Forschungsansätzen. Dabei untersucht die Ausstellung im Kasseler Kunstverein unter anderem Strukturen von Macht und Ausschluss, Ordnung als soziales und ästhetisches Prinzip und damit verbunden die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen künstlerischer Strategien: Wie können historisch besetzte Bilder genutzt werden um neue Zusammenhänge zu erzählen? Wie setzen wir uns visuell mit ideologischen Konstrukten, wie dem der nationalen Identität, auseinander? Wie erzählen wir von dem, was sich einer Bildhaftigkeit entzieht? Und wie können verborgene oder marginalisierte Perspektiven durch künstlerische Prozesse sichtbar gemacht werden?
Durch die Auseinandersetzung mit Archiven, Technologien und Praktiken ästhetischer Normierung, und auf den Spuren gewaltvoller Rhetoriken, nähern sich die Installationen auf unterschiedliche Weise diesen Fragestellungen. Dabei werden verschiedenste Schauplätze untersucht: die Treffpunkte einer neurechten Bürger/inneninitiative, Sarajevo zur Zeit der Belagerung, das Büro eines früheren UN-Generalsekretärs und die Vorgärten einer deutschen Kleinstadt. Ebenso ein Zustand der permanenten Erschöpfung und solche Orte, die auf keiner Karte zu finden sind und ein Außerhalb „unserer“ Welt markieren. Im Sprechen, Singen, Übersetzen, Neuordnen und Abreißen werden politische, historische und mediale Zusammenhänge aufgearbeitet und dekonstruiert – oder tatsächlich zum Einsturz gebracht. Aber können radikale, emanzipative Strategien innerhalb des sogenannten Kunstmarktes überhaupt existieren, oder werden sie letztlich immer von Mechanismen der Optimierung und Vermarktung geschluckt? Was bedeutet es, heute als Künstler/in zu arbeiten und Bilder zu produzieren?
Immer mehr Menschen verdienen ihr Geld damit, Inhalte zu generieren. Die Ausstellung im KulturBahnhof beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit dem Begriff der Arbeit und seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen.
In welchen ökonomischen Systemen bewegen wir uns? Ob Marktwirtschaft oder Aufmerksamkeits-Ökonomie, Sex-Arbeit oder Kunsthandel – Arbeit steht in einem engen Verhältnis zum Begriff der Identität, aber auch zu Begehren und Konsum, dem zeitgenössischen Kult um Oberflächen, Objekte und Personen. Die Grenzen zwischen Arbeit und Konsum verschwimmen in sogenannten „bezahlten Partnerschaften“ auf den Plattformen der sozialen Medien. Der vermeintliche Glamour erfolgreicher Produzent/innen und Performer/innen wird an den Stellen enttarnt, an denen die prekären Verhältnisse und der Wahnsinn ständiger Produktivität sichtbar werden. Die ewigen, nicht enden wollenden Prozesse verdichten sich hier zu einem mal manischen, mal resignierten Sprechen, Stampfen und Schreddern. Arbeit kann auch bedeuten, sich durch die riesige Sammlung von Bildern zu kämpfen, die bestimmte Vorstellungen von Schönheit, Erfolg und Heteronormativität konstituieren. Oder durch das enorme und komplexe Archiv einer eigenwilligen Schriftstellerin.
Unvermeidbar erscheint die Frage, ob und wie uns virtuelle Assistent/ innen entlasten können. Aber wie gehen wir mit simulierten Personen um? Und was sagt es uns, dass sich Formen von Diskriminierung längst auch gegen Algorithmen und Roboter richten? Auf der Suche nach einer selbstbestimmten Existenz stoßen die „female impersonators“*, Assistentinnen und Care-Arbeiterinnen, an unterschiedlichste Grenzen: Sexismus, eingeschränkte Kommunikationsfähigkeiten, Krankheit und hohe Provisionen auf Onlineplattformen. Wie können wir in alldem widerständige Strategien entwickeln? Wie können wir Nischen und Freiräume zurückerobern und neu besetzen?
Eine unüberwindbare Müdigkeit setzt ein. Eine Müdigkeit als einzig mögliche Antwort auf den Leistungszwang und den niemals endenden Newsfeed. Zurück im Kunstverein stellt sich die Frage: Ist Schlaf längst Teil von Arbeit und wird als unabdingbarer Prozess zur Regenerierung der Arbeitskraft kalkuliert und missbraucht? Oder können wir uns im Schlaf, im Nichtstun entziehen und verweigern, und so einen utopischen Zustand behaupten?
*„Female impersonator“ bezeichnete ursprünglich einen männlichen Darsteller, der eine weibliche Rolle spielte. Im Kontext von künstlicher Intelligenz und virtuellen Assistent/innen beschreibt er das Imitieren von weiblichen Stereotypen durch die Stimme oder das Erscheinungsbild.
Lisa Dreykluft